The page of Ondruš, Ján, German Reception
Reception
Charakteristik des werkesSein dichterisches Profil bildete sich in dem Kreis der Gruppe von Dichtern-Konkretisten in Trnava aus. Bezeichnend für diese Gruppe in ihren poetischen Methoden war die dominante Stellung der Metapher und ihr konkreter Ausdruck, ihre Form und Gestaltung. Die poetische Sicht auf die Wirklichkeit geht von der Originalität des dichterischen Naturells aus, sie gründet sich auf die Analyse der inneren widersprüchlichen Zustände des Menschen in einer Welt, aus der eine Gefühlsspaltung der Persönlichkeit hervorgeht. Ein bedeutsamer Wesenszug ist das Anknüpfen an die Prinzipien der surrealistischen Poetik, die ihren Ausdruck vor allem in der sprachlichen und stilistischen Destruktion und Innovation fand (syntaktisches Anakoluth, Neologismen, grammatikalische Deformation, Satz- und Gedankenbrechungen). Die Eigenart der poetischen Verfahren spiegelt sich im Aufbau und der Form der Verse wider. Die Originalität dieser dichterischen Methoden ist kein Selbstzweck, keine Spielerei, sondern ein Mittel, um in das psychosoziale Wesen der menschlichen Existenz vorzudringen und eine wichtige humane Botschaft auszusprechen. Mit diesem Verfahren erreicht der Dichter Originalität, aber auch eine markante Kraft der dichterischen Aussagen mit eindringlichen Gedanken und einer starken Gefühlsladung, befreit von den Erkenntnis- und Formkonventionen.
Ondruš schlug den Weg schmerzhafter Selbstenthüllung ein, die ihn bis zur Spaltung der Gefühlssphäre seiner Persönlichkeit führte, für die er den gedachten Dialog mit seinem Doppelgänger wählte. Diese Spaltung löste tragische innere Gefühle aus, die er durch Vermittlung des Doppelgängers ablehnte, sich beunruhigt von ihnen distanzierte, um gerade dadurch auf die Relativität der sinnlichen Wahrnehmung und Sicht der Welt hinzuweisen. Zu jeder poetischen Sicht, zu jedem Tatbestand sucht er den Gegenpol. Er bleibt ratlos, für wen er sich entscheiden und wem er seine Sympathie bekunden soll. Die Widersprüchlichkeit der inneren Zustände der eigenen Persönlichkeit hält er für die reale Gestalt der Welt. Und die ist für ihn nicht nur widersprüchlich, sondern vor allem tragisch.
Aus der extremen Zuspitzung der gegensätzlichen Zustände (Leben – Tod) entgleitet dem Autor die reale Gestalt der konkreten Welt. Die dichterischen Konfigurationen erreichen die Grenzen einer metaphysischen Symbolik. Die tragisch empfundene Spaltung mündet in Trotz und Anklage. Aus der dulderischen Skepsis versucht er einen Ausweg zu finden, und zwar durch die logische Interpretation der Beziehungen des Menschen zur Wirklichkeit. Einen solchen Ausweg findet er jedoch nicht. Die wiederholte Betonung des Motivs der Flucht ist nicht der gesuchte Ausweg. Er stellt fest, dass man vor allem auf der Welt flüchten kann, nur nicht vor sich selbst. Die einzige vereinende Plattform für das Dasein findet er im Schöpfertum, im Schaffen.
Ondruš nimmt durch seine Originalität und Poetik eine besondere Position unter seinen Generationsgenossen ein. Trotz möglicher Vorbehalte zu seiner persönlichen Auffassung der Welt und der Sicht auf sie gehört er zu den interessantesten Dichtern nicht nur der Trnavaer Gruppe, sondern auch der gesamten slowakischen Poesie der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts.
Zum Autor
Die Bildkraft des Dichters wirkt scheinbar einfach; in Wirklichkeit problematisiert sie sich innerlich, so dass der Durchsichtigkeit des Ausdrucks der noetische Anspruch der Botschaft entspricht... die primäre Stelle nimmt der Mensch und sein Platz in der Welt ein. Er beobachtet ihn auf dem Niveau der gegenwärtigen Erfahrung, gezeichnet durch individuelle und gesellschaftliche Krisen... Im Ergebnis ist das Bild unerfreulich. Die Wirklichkeit determiniert den Menschen felsenfest, verurteilt ihn zur Bewegung in Sphären absoluter Freiheit und Verderbnis... Ondruš sieht beide Grenzmöglichkeiten des Menschen, ob er sie nun Hinrichtung oder Begnadigung nennt, Fall oder Aufstieg, Tod oder Leben, auch das ganze potentielle Spektrum dazwischen. Aber gerade die Tiefe der tragischen Erkenntnis führt sein lyrisches Subjekt zur dritten Möglichkeit, zur Möglichkeit, keine Wahl zu treffen. (Albín Bagin)
Ondruš hebt das persönliche Lebensgefühl in eine allgemeine Lage, und damit deformiert er eigentlich ungewollt die äußerliche Wirklichkeit. Sein lyrisches Subjekt widerspiegelt nicht die Außenwelt, Ondruš ist ihr gegenüber machtlos, er versucht nicht, in sie einzugreifen und schon gar nicht sie umzugestalten. (Pavol Plutko)
Die Poesie von Ján Ondruš gründet sich auf einem tragischen Lebensgefühl, sie ist eine lange, unaufhörliche Beschreibung der Tragödie des Menschen und der Welt. Auch wenn sie nicht gleich in die teilweise oder auch gänzliche Überwindung des Tragischen mündet (wiewohl sie sich dem nähert), so hat sie doch für uns ihre Bedeutung durch ihren warnenden, präventiven, zur Katharsis führenden oder eben „nur” rein ästhetischen Sinn. (Daniel Hevier)
Die Poesie Ján Ondrušs ist ein einziger kunstvoll modulierter durchdringender Schrei nach Mitmenschlichkeit, mit einfachen Worten ausgedrückt in der Gedichtzeile „glauben wir denen, die andere überragen um ein Herz” aus seinem zuletzt erschienen Lyrikband Das Schaf im Wolfspelz. Mit dem Skalpell seiner dichterischen Sprache legt der Autor am lyrischen Ich Schnitt für Schnitt kühn und unerbittlich offen, welchen Versuchungen, Anfeindungen und Bedrohungen dieses Herz ausgesetzt ist, wobei seine Ironie weniger auflösend als zuspitzend und verschärfend wirkt. (Angela Repka)
AUSZEICHNUNGEN
Ivan-Krasko-Preis (für das Debüt des Jahres, 1965)