Komm, teure Einsamkeit, mich zu entführen
in deinen Traum, laß mich nicht los.
Wenn andre gehn, laß mich dich nicht verlieren,
wieg du mein Herz in deinem Schoß.
Es ist ein Glück für mich zu allen Stunden,
daß ich dich hier in Kisasszond gefunden,
ein Ort, der stets mich glücklich macht,
er scheint für Poesie erdacht.
Im Tal hier kann ich das Alleinsein suchen,
wo mich ein kühler Schatten deckt,
wo rieselnd unter Büschen von Weißbuchen
die klare Quelle sich versteckt.
In Binsenzelten hausen Wasserfeen.
Die Nymphen dieser Bäche, dieser Seen
zeigen sich nur, wenn ein Poet,
ein Weiser hier vorübergeht.
Der leichte Mond beleuchtet sacht im Stillen
der blonden Buchen Blätterpracht,
und hüllt in Schlaf, in freundlich abendkühlen,
den Engel dieser klaren Nacht.
O süße Einsamkeit, wie weilst du gerne
an einem solchen Ort im Licht der Sterne,
o führe oft mich hier vorbei,
daß meine Seele ruhig sei.
Du scheinst den Hof der Könige zu meiden
und ihre stolzen Schlösser auch.
Zeigst du dich dort, bewirkst du Not und Leiden
mit deinem mißverstandnen Hauch.
Und wilde Langeweile, Furcht und Kummer
bekämpfen dort der Ruhe zarten Schlummer,
die große Welt verabscheut dich,
weist deine Wohltat weit von sich.
Der Geizhals sucht dich, doch zu wieviel Malen
schaffst du der großen Seele Pein,
treibst den Ehrgeizigen mit seinem Prahlen
in Chaos und in Lärm hinein.
Du flüchtest vor dem Schall der Kriegstrompeten,
vor dem Gewimmel in den großen Städten,
dein Heim kann nur das Herz allein,
das sanfte Dorf, die Wiese sein.
Es findet Zuflucht der zutiefst Betrübte
in deinem heiligen Haine dann,
wo der Verzweifelte die Trostgelübde
der Himmelsworte hören kann.
Den wirst begleiten du und sorglich pflegen,
der dieser Welt Verachtung bringt entgegen,
und dem, den sie schon fast zerstört,
dem zeigst du neuen Eigenwert.
Den Mannesmut gebierst du. Jenen Weisen
verleihst du Größe, Tapferkeit,
hebst ihre Seele aus den engen Kreisen
und machst sie grenzenlos und weit.
Der Dichter, der erglüht durch deine Hitze,
sprüht Funken in der Nacht und schleudert Blitze,
wenn er mit seiner ganzen Kraft
aus Nichts sich neue Welten schafft.
Du, liebe Göttin, hörst mich öfters flehen
nach dir um neuen Lebensmut,
du kannst mein Herz wie einen Freund verstehen,
mein Denken liegt in deiner Hut.
Unschuldig lockst du mich, daß ich mich füge,
du kennst nicht Falschheit, Heuchelei noch Lüge,
treu bist du, nicht von Trutr entstellt
wie mancher Freund der bunten Welt.
Sieh jene an, die immer höher wollen,
wie sie sich drehn von Stein zu Stein,
bis mitgerissen sie vom wilden Rollen
wie von den Stromschnellen im Rhein.
Von deinen heiligen Schleiern zart umwunden
als Tau der Nächte rieseln unsre Stunden
rein in der Stille Paradies.
Wir leben und entschlafen süß.
Auch dann noch, wenn der Tod mir einen blinden
Teppich um meine Augen webt,
werden dich die erloschnen Blicke finden,
wo uns schon Finsternis umschwebt.
Du wirst mir folgen durch die dunklen Türen,
mich durch des Unbewußten Öde führen,
läßt selbst im Grab mich nicht allein,
Schutzengel wirst auch dort du sein.
O Einsamkeit, ich laß die letzten Tränen
dir niederrinnen in den Schoß,
in deiner ewgen Träume süßem Sehnen
vergesse ich mein irdisch Los.
O Einsamkeit, du sollst mir Freundin werden,
auch wenn mir nur das Grab noch bleibt auf Erden.
Wann kommt der Tag, wann ist es Zeit?
Umfang mich, teure Einsamkeit.